Denk an den Anmeldebildschirm von League of Legends. Ein Tor für die Spieler, durch das sie zu geschützten, personalisierten Inhalten gelangen. Aber das Team für Motion-Design sah darin eine Gelegenheit, einen funktionellen Checkpoint in ein Werkzeug zum Erzählen von Geschichten zu verwandeln. Das Team sorgt in etwa alle zwei Wochen mit einer neuen Animation für ein bisschen Magie, wenn es Szenen rund um einen neuen Champion, ein Event im Spiel oder einen Meilenstein (wie zum Beispiel die Weltmeisterschaft) erstellt.

Ein Anmeldebildschirm gehört zu den ersten Dingen, die die Spieler sehen, wenn sie League starten, weshalb er den Grundstein für die Spielerfahrung legt. Das Team muss sich also der Herausforderung stellen, das Gefühl, das der neue Inhalt im Spiel erzeugt, in nur wenigen Sekunden einzufangen. Das Team muss sich einiges einfallen lassen, um herauszufinden, was die Szene über League sagt und wie sie Bewegungen einsetzen können, um den Spielern diese Geschichte zu vermitteln.

 

 

Das Team beginnt damit, ein statisches Startbild mit Bewegungen zu versehen. Wie wird diese schwarze Magie also Realität? Zuerst animiert das Team die Charaktere der Szene, indem es in Adobe After Effects digitale Puppen erstellt. Dabei wird die Illustration des Champions in Glieder aufgeteilt, die dann mit digitalen Pins versehen werden, um Gelenke zu formen. Diese Glieder und Gelenke werden zu einem Gerüst verbunden, das als digitales Skelett dient und vom Team bewegt, gedehnt und gedreht werden kann.

Als Nächstes macht sich das Team an die Bewegungen des Champions. Dabei sieht sich das Team sowohl die Geschichte des Startbilds des Champions als auch dessen Hintergrundgeschichte an, um passende Bewegungen für den Charakter zu erstellen. Wenn sie die Elemente hervorheben, die einen Champion definieren, können sie dafür sorgen, dass dessen Bewegungen das richtige Gefühl erzeugen. Beim Anmeldebildschirm für Jinx fing das Team Jinx’ Faszination und Zufriedenheit mit der Zerstörung, die sie gerade verursacht hatte, perfekt ein. Dabei befinden sich ihre weit geöffneten Augen, die gerade das Chaos um sie herum betrachten, im Mittelpunkt der Animation. Selbst wenn ein Charakter stillsitzt (wie der Anmeldebildschirm mit Yasuo), erschafft das Team Bewegungen: Den Schwertkämpfer macht vor allem seine Ruhe aus, weshalb der Fokus auf seiner meditativen Atmung liegt.

 

Der animierte Anmeldebildschirm von Yasuo konzentrierte sich auf dessen Atmung.

Sobald der Mittelpunkt animiert ist, konzentriert sich das Team auf Umgebungseffekte, die die Stimmung der Szene bestimmen, wie wirbelnde Glut oder schlechtes Wetter. Dabei versucht das Team immer, jedes einzelne Pixel auf dem Bildschirm in Bewegung zu versetzten, da mehr Bewegungen eine aussagekräftigere und realistischere Szene erzeugen.

Wenn so viel während einer kleinen Szene passiert, ist es wichtig, dass die Bewegungen harmonieren. Daher scheut das Team keine Mühen, dafür zu sorgen, dass alles perfekt zusammenpasst. Anthony Possobon, der Leiter des Teams für Motion-Design, sagt: „Wenn man sich eine Kunstform ansieht, die nicht zu 100 % realistisch ist – weil es sich beispielsweise um keinen Film handelt – dann reicht schon die kleinste Ungereimtheit, um die Immersion zu zerstören.“ Die Harmonie der Bewegungen sowie deren Fluss sind auch deshalb entscheidend, weil die Animationen auf dem Anmeldebildschirm in einer Schleife abgespielt werden, die sich meistens nach fünf Sekunden wiederholt (Possobon nennt sie scherzhaft „ultimative GIFs“). Wenn die Bewegung also nicht flüssig ist, wirkt deren dauerhafte Wiederholung unnatürlich und fängt an, zu nerven.

Die Animationen werden kurz gehalten, um eine möglichst kleine Download-Größe zu ermöglichen – es ist äußerst unpraktisch, die Größe eines Patches allein wegen des Anmeldebildschirms erhöhen zu müssen (das gilt vor allem für Regionen mit einem langsameren Internet). Das Team ist jedoch nicht an die fünf Sekunden gebunden und kann jederzeit längere Animationen erstellen, wenn sich die Geschichte dadurch besser erzählen lässt. So wollte das Team beispielsweise, dass der Anmeldebildschirm von Vel’Koz unberechenbar wirkte, um so die Persönlichkeit des Champions aus der Leere besser einfangen zu können. Aus diesem Grund erstellte das Team zusätzliche Animationen, die zufällig abgespielt wurden: Die ersten paar Sekunden blieben immer gleich, aber danach blickten einige Spieler dem Champion direkt in die Augen, während andere seinen gewaltigen Laserstrahl zu Gesicht bekamen.

Ähnliches geschah, als mit Bilgewasser eine ambitionierte Geschichte und ein neuer Spielmodus vorgestellt wurden. Damals erstellte das Team eine zehn Sekunden lange Animation mit einer neuen Technik, die durch die Ölmalerei beeinflusst wurde und so aussah, als würde direkt vor den Augen der Zuschauer ein Bild entstehen.

 

Natürlich wird nicht jeder Anmeldebildschirm einen derartigen Umfang haben, aber das Team für Motion-Design wird weiterhin versuchen, interessante Animationen zu erstellen. Die animierten Anmeldebildschirme haben sich seit ihrem ersten Auftritt im Sommer 2010 – darauf waren Katarina und Ryze in dramatischen Posen mit brennenden Waffen zu sehen – gewaltig weiterentwickelt. Aber das Team ist natürlich nicht alleine für diese Entwicklung verantwortlich. Die Animationen werden von herausragenden Startbildern und fesselnden Liedern begleitet, die aus den leeren Eingabefeldern für Benutzername und Passwort Orte machen, an denen Geschichten erzählt werden, die die Fantasien von League zum Leben erwecken.

Das Team für Motion-Design hat bewiesen, dass Geschichten nicht nur im Spiel oder durch Events, sondern auch an Orten, wo man nicht damit rechnet, erzählt werden können: Egal, ob sich kybernetische Ninjas durch die Gegend teleportieren oder Manatis mit Pfannenwendern über den Bildschirm gleitet, die Spieler erwartet jedes Mal ein wenig Magie, wenn sie die Welt von League betreten.